Das Insolvenzverfahren in Bulgarien

Die Insolvenz wird in Bulgarien als eine Art universeller Zwangsvollstreckung angesehen und ist im Handelsgesetz geregelt. Die Unterschiede dieser im Vergleich zu der individuellen Zwangsvollstreckung sind folgende – die universelle Zwangsvollstreckung:

  • wird eröffnet auf Antrag entweder eines oder mehreren Gläubigern, des Liquidators, des Gerichts oder der Eintragungsagentur - Handelsregister;
  • die Vollstreckung ist gegenüber dem ganzen Vermögen des Schuldners gerichtet;
  • das Verfahren wird durch eine Gerichtsentscheidung eröffnet und läuft unter seiner Aufsicht.

Voraussetzungen für Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Der Insolvenzschuldner muss eine kaufmännische Eigenschaft haben, weil ein Insolvenzverfahren in Bulgarien nur gegenüber Kaufleuten eröffnet werden kann. Eine Privatinsolvenz wie in Deutschland kennt das bulgarische Insolvenzrecht noch nicht. Weiterhin muss entweder eine Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung des Insolvenzschuldners festgestellt worden sein. Eine Überschuldung gilt als Insolvenzgrund nur für Kapitalgesellschaften (GmbH, Aktiengesellschaft, KAG).

Gem. Art. 608 HG ist zahlungsunfähig jeder Kaufmann, der nicht in der Lage ist, seine fälligen Geldverbindlichkeiten (aus einem Handelsgeschäft; dem Staat oder den Kommunen gegenüber aus einer öffentlich- oder privatrechtlichen Verpflichtung) zu begleichen, die in Verbindung mit seiner Geschäftstätigkeit stehen. Die Zahlungsunfähigkeit ist zu vermuten, wenn der Insolvenzschuldner die Zahlungen eingestellt hat, teilweise oder insgesamt seine Verbindlichkeiten gegenüber nur einigen Gläubigern beglichen hat.

Eine Kapitalgesellschaft ist dann überschuldet, wenn deren Vermögen nicht ausreicht all ihre Geldverbindlichkeiten zu begleichen - Art. 742 Abs. 1 HG.

Das Insolvenzverfahren hat zwei alternative Ziele – eine Unternehmenssanierung mit einer Fortsetzung der Gesellschaft oder eine Befriedigung der Gläubiger.

Berechtigt das Insolvenzverfahren zu beantragen sind folgende Subjekte:

  1. der Schuldner selbst – es ist seine Verpflichtung, innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Der Antrag ist von ihm persönlich, von einem Vertreter oder von seinen Erben einzureichen;
  2. der Liquidator;
  3. jeder Gläubiger aus einem Kaufgeschäft;
  4. ein Mitglied des leitenden Organes bei einer Kapitalgesellschaft;
  5. die Eintragungsagentur.

Über die Eröffnung von Insolvenzverfahren hat das Gericht zu entscheiden. Zuständig ist das Bezirksgericht am Sitz des Insolvenzschuldners – Art. 613 HG. Dem Gericht stehen dabei die folgenden gesetzlichen Möglichkeiten zu:

1. Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, falls die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Das Gericht kann in diesem Fall:

  • Den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung feststellen;
  • den Beginn dieser Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung feststellen;
  • das Insolvenzverfahren eröffnen.

2. Das Gericht bestellt einen vorläufigen Insolvenzverwalter; beschließt Sicherungsmaßnahmen zur Sicherung des Vermögens; bestimmt den ersten Termin für die Gläubigerversammlung innerhalb eines Monats nach Erlass der Gerichtsentscheidung.

3. Abweisung des Insolvenzeröffnungsantrages, wenn die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen;

4. Gerichtbeschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und gleichzeitige Erklärung der Gesellschaft in Insolvenz, falls die Insolvenzmasse durch die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit benachteiligt ist;

5. Gerichtsbeschluss über die Einstellung des Insolvenzverfahrens, falls das vorhandene Vermögen nicht ausreicht, die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen. Das Verfahren kann fortgesetzt werden, wenn der Antragsteller diese Kosten vorschießt.

Der Gerichtsbeschluss ist gegenüber allen wirksam. Er entfaltet seine Wirkung sowohl den Gläubigern, als auch dem Insolvenzschuldner gegenüber.

Bezüglich des Schuldners ähnelt die Insolvenz einer Entmündigung, weil er ab dem Beschluss nur im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter handeln darf. In besonderen Fällen, wenn die Lage des Insolvenzschuldners besonders schwer ist, können seine Handlungen jeglicher Art verboten werden.

Bezüglich der Gläubiger stellt die Gerichtsentscheidung alle laufenden Gerichts- und Vollstreckungsverfahren ein.

Drittschuldner haben ihre Verbindlichkeiten dem Insolvenzverwalter zu leisten.

Außergerichtliche Vereinbarung

Gemäß Art. 740 HGs kann eine außergerichtliche Vereinbarung zwischen dem Insolvenzschuldner und den Insolvenzgläubigern zu jedem Zeitpunkt des laufenden Insolvenzverfahrens getroffen werden. Dafür müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:

  • an der Vereinbarung müssen sich der Insolvenzschuldner und alle Insolvenzgläubiger beteiligen;
  • Die Vereinbarung ist nur nach Anerkennung der Forderungen durch das Gericht zu treffen;
  • Es muss kein laufendes Gerichtsverfahren bezüglich einer Feststellungsklage gem. Art. 694 Abs. 1 HG anhängig sein.

Am Vereinbarungsabschluss ist der Insolvenzverwalter als Partei nicht beteiligt. Die Vereinbarung findet sich zwischen dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern statt. Mit dem Vereinbarungsabschluss wird das Insolvenzverfahren eingestellt. Der Vereinbarungsabschluss bedarf der Schriftform und damit wird das Insolvenzverfahren eingestellt. Daraus folgt, dass der Insolvenzschuldner nicht mehr insolvenzfällig ist und alle nicht angemeldeten Forderungen präkludieren. Hält der Schuldner seine Vertragspflichten nicht ein und betragen die nicht geleisteten Forderungen mindestens 15 % der Gesamtforderungen, sind die Insolvenzgläubiger dazu berechtigt eine Erneuerung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Wenn das Insolvenzverfahren erneuert wird, ist die Durchführung eines Sanierungsverfahrens nicht mehr erlaubt.